Heute möchte ich euch mal einen kleinen Einblick in eine für Industrie geben, welche für die meisten von euch womöglich unbekannt sein wird. Es handelt sich -wie ja schon im Titel erwähnt- um die Holzindustrie Und das nicht nur, weil ich das einen Tag vor Weihnachten schreibe und diese Industrie mit den Tannenbäumen gerade boomt, sondern vor allem weil man von ihr so unglaublich viel lernen kann.
First Things First: Was ist eigentlich genau die Holzindustrie?
Das ist ehrlich gesagt gar nicht so einfach zu sagen, da die Begriffe Forstwirtschaft, Holzwirtschaft und Holzindustrie alle Überschneidungen besitzen. Vereinfacht nehmen wir also zunächst an, dass die Holzindustrie sich primär auf den Anbau von Holz sowie auf die Sicherstellung von Holz konzentriert (also Bäume pflanzt und abholzt, siehe Grünheide).
Warum sollte man sich mit der Holzindustrie als Branchenfremder befassen?
Ganz einfach: (So gut wie) Keine andere Industrie hängt so stark mit ihren Vergangenen Entscheidungen zusammen wie die Holzindustrie. Werden heute keine/nicht genügend Bäume gepflanzt, so können in zwanzig Jahren auch keine/nicht genügend geerntet werden. Um dann noch die Holzversorgung sicherzustellen, so müssen dann Wälder außerplanmäßig gerodet werden oder Holz aus Ländern mit teilweise dubiosen Forstwirtschaftspraktiken importiert werden. Und ohne hier jetzt zu tief ins Detail gehen zu wollen: Wald ist nicht gleich Wald. Es kann also passieren, dass beispielsweise zwar genug Nadelholz verfügbar ist, aber ein Engpass bei Laubhölzern vorherrscht. Die Planung nicht nur sehr strategisch, sondern auch außerordentlich komplex. Unsicherheiten wie Waldbrände, Schädlingsplagen oder auch Nachfrageschwankungen erschweren die Planung zusätzlich. Hinzu kommt ein enormes politisches Interesse an der Abholzung, da Themen à la „Bäume pflanzen“ und „Wald erhalten“ auch durch den Klimawandel und verstärkendes Umweltbewusstsein Seitens der Bevölkerung immer mehr in den Fokus rücken.
Was ist die Ausgangslage für KI-Anwendungen in der Holzindustrie?
Die Analyse von Daten zur Vorhersage von Zuständen/Werten ist für KI-Anwendungen täglich Brot. Man denke mit Hinblick auf die fertigende Industrie nur an Predictive Maintenance oder Predictive Quality. Dabei sind die Vorhersageaufgaben in der Regel gut vorhersehbar und es existieren genügend Parameter.
Anders schaut es in der Holzindustrie aus: Zeiträume von Jahren bis Jahrzenten sind hier die Regel, Datenerhebung ist sehr schwierig und die zu überwachenden Gebiete sind mehrere Quadratkilometer groß. Alles keine guten Voraussetzungen für den Einsatz von KI. Missing Values sind daher in Datensätzen an der Tagesordnung und müssen beispielsweise mit Fuzzy-Methoden ordentlich angegangen werden.
Weiterhin ist es wichtig, dass die Modelle mit wenigen Daten ordentliche Aussagen treffen. Es ist daher oft der Fall, dass geografische Datensätze hunderte relevanter Parameter erhalten, es aber nur einige wenige Datensätze gibt. Das ist einer der entscheidendsten Unterschiede zum klassischen KI mit Big-Data Ansatz.
Wie kann KI hier helfen?
Schon jetzt trägt KI dazu bei mit Hilfe von Kamera-, Karten-, Geo- und Wetterdaten Waldbrandausbreitungen vorherzusagen um Löschtrupps effizient einzusetzen und Brandschneisen an den richtigen Stellen zu platzieren.
Außerdem kann KI für die Auswertung und Vorhersage von Wetter und Klimadaten verwendet werden. Kombiniert mit weiteren Vorhersagen ergeben sich so Informationen zu Temperaturverlauf, Sonneneinstrahlung, Niederschlag, CO2-Gehalt (in Luft sowie Boden) Grundwasserspiegel etc. in einer bestimmten Region. Auf Basis dieser Informationen können dann beispielsweise die geeignetsten Baumarten für die erwarteten Umstände ausgesucht werden. Wird beispielsweise auf Grund von Gletscherschmelze ein Anstieg des Grundwasserspiegels erwartet, so kann es auf Basis dieser Vorhersagen durchaus Sinn ergeben in gewissen Gebirgsregionen statt Nadelhölzern Laubbäume zu pflanzen, da diese unter den erwarteten Bedingungen besser wachsen.
Eine weitere Verwendung von KI in der Holzindustrie ist die Überwachung der Forstwirtschaft anhand von Anomalien. Beispielsweise können durch Satellitendaten Informationen wie Gesundheitsstatus der Bäume, Art der Bäume, Abholzungsgrade, Sturmschäden, Bodengesundheit etc. erkannt werden. Auf Basis dieser Wissensgrundlage können dann Maßnahmen zur Verbesserung der Wälder und für eine nachhaltige Holzwirtschaft getroffen werden. Ein Beispiel hierfür ist in der obenstehenden Abbildung zu sehen.
Mit Hilfe von KI hat die kanadische Firma aiTree Ltd. Beispielsweise eine Software entwickelt, mit Hilfe derer ganze Wälder über Jahre hinweg in verschiedenen Szenarien simuliert werden. Das Hilft enorm bei der Planung von Wäldern, da Was-Wäre-Wenn Szenarien leichter planbar und verschiedene äußere Einflüsse leichter bewertet werden können.
Ich könnte an dieser Stelle noch einige Beispiele aufzählen, die oben genannten decken aber meiner Meinung nach die interessantesten Use-Cases ab. Für mehr Informationen empfehle ich diesen medium Artikel.
Was kann die produzierende Industrie nun daraus lernen?
Auf den ersten Blick verschieden und genau deshalb so wertvoll: Bei KI-Projekten muss man das Ziel im Blick haben und das kann eben auch von ganz vielen verschiedenen Parametern abhängen. Darüber hinaus zeigen die Beispiele, dass KI eben nicht nur dafür verwendet werden kann, Menschen zu ersetzen und Aufgaben zu automatisieren, sondern in allen Bereichen Anwendung findet. Der Blick auf eine andere Branche zeigt auch: KI kann mehr als PQ, PM und automatische Bauteilprüfungen, es muss nur die richtigen Use-Cases dafür geben (dafür sind wir von constai.de natürlich da!). Es zeigt zusätzlich auch, dass KI eben nicht böse ist, sondern gerade bei globalen Problemen wie dem Klimawandel eine echte Chance für uns Menschen.
In diesem Sinne bedanke ich mich wie immer sehr fürs Lesen,
Ich freue mich auf Ihr Feedback, Fragen, Kontaktaufnahme!
Consti